Anja Schulz

Altersvorsorge aus Stein

Bild: Tierra Mallorca

In der letzten Sitzungswoche hat die Bundesregierung nach langwierigen Verhandlungen die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes beschlossen. Auf dem Weg dahin hat das Gesetz die Schlagzeilen monatelang gefüllt und die Menschen beschäftigt. Dass ein vor allem energiepolitisches Thema medial so stark aufgegriffen und diskutiert wird ist nicht gerade üblich, aber verwunderlich ist es trotzdem nicht.

Denn alles, was die Gebäude im Land betrifft, ist unweigerlich auch sozialpolitisches Thema. Denn vom Gebäudeenergiegesetz sind in erster Linie Eigenheime betroffen, in denen die Eigentümer selbst wohnen. Dahinter steckt meist mehr als der Wunsch nach dem mietfreien Wohnen und Unabhängigkeit. Vor allem geht es dabei auch um die eigene Altersvorsorge und das Ziel, den Kindern etwas vererben zu können.

 

Staatliche Vorgaben kommen Hauseigentümer teuer zu stehen

Daher ist es nachvollziehbar, dass der erste Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes in der Bevölkerung auf Ablehnung stieß. Hierdurch wären innerhalb kurzer Zeit auf viele Menschen erhebliche Kosten zur energetischen Modernisierung ihres Hauses zugekommen. Obwohl die meisten Menschen das Ziel des Gesetzes nachvollziehen können und sogar befürworten, führte die mangelnde Vorlaufzeit, und die vielen offenen Fragen die der Gesetzentwurf nicht beantworten konnte dazu, dass das Gebäudeenergiegesetz keine Zustimmung in der Bevölkerung  fand.

Der Gesetzentwurf zum Gebäudeenergiegesetz war somit ein fatales Signal an Hauseigentümer und solche, die es noch werden woll(t)en. Es vermittelt den Eindruck: Wohneigentum lohnt sich nicht. Denn auf Grund gesetzlicher Vorgaben deren Umsetzung teuer wird, werden die Gesamtkosten einer Immobilie gerade langfristig gesehen immer schwieriger zu kalkulieren. Natürlich birgt Eigentum immer das Risiko der teuren Instandhaltung. Aber gegen einen Wasserrohrbruch oder einen Dachschaden kann man sich auch versichern. Gegen Modernisierungspflichten nicht. Darum fürchten viele Eigentümer jetzt schon die neuen Pläne aus Brüssel zur Sanierungspflicht alter Wohngebäude.

Dies kommt zu einer denkbar schlechten Zeit, denn selten war die Wohnungsnot so groß wie aktuell. Im ersten Halbjahr 2023 fiel die Anzahl der Baugenehmigungen für Wohnungen um 27,2%[1]. Bei Einfamilienhäusern sind es sogar 35,4%. Die gestiegenen Baukosten, der Fachkräftemangel unter Handwerkern und die teuren Grundstückspreise führen dazu, dass viele Menschen ihr Bauvorhaben entweder aufgeschoben, oder ganz aufgegeben haben. Dabei würden gerne 78% der Menschen lieber in einem Eigenheim als zur Miete wohnen[2].

 

Eigentum birgt viele Vorteile

Das ist nicht nur für die individuelle Lebensplanung enttäuschend, sondern hat oftmals auch Folgen für die Altersvorsorgeplanung. Denn durch das mietfreie Wohnen im Eigenheim lassen sich im Schnitt monatlich 700€ sparen. Damit ließe sich fast die Hälfte einer durchschnittlichen Rente im Alter einsparen, und hält so finanziellen Spielraum für anderes offen. Eine große Herausforderung bei der Altersvorsorge ist es, so vorzusorgen, dass der Lebensstandard aus dem Erwerbsleben auch im Alter aufrechterhalten werden kann. Ein Eigenheim ermöglicht hier schon einmal das Weiterführen der gewohnten Wohnsituation.

Im Vergleich zu herkömmlichen Renten, wie der gesetzlichen, privaten Rentenversicherungen oder der Betriebsrente bietet Wohneigentum außerdem den Vorteil, dass es vererbbar ist. Vielen Menschen ist es wichtig, dass sie nicht nur ihr Langlebigkeitsrisiko absichern, sondern auch ihren Kindern noch etwas mitgeben zu können.

 

Deutschland ist Schlusslicht in der EU beim Wohneigentum

Für das Eigenheim spricht also vieles. Trotzdem bildet Deutschland in der EU bei der Eigenheimquote das Schlusslicht. In 2021 besaß in Deutschland nur knapp jeder zweite Wohneigentum. Bei unseren Nachbarn sieht es ganz anders aus. In Frankreich liegt die Quote bei 65%, in den Niederlanden besitzen 70% der Menschen eine selbstgenutzte Immobilie, in Polen sogar 86%.

Das hängt vor allem mit den Baukosten zusammen, die in Deutschland über dem Schnitt der anderen Länder liegen. Auch die Grundstückspreise sind enorm gestiegen. Seit dem Jahr 2000 hat sich der Preis pro m² Bauland verdreifacht[3]. Aber auch die Preise für Bestandshäuser sind seit 2015 um 62,9% gestiegen[4] Das ist schlecht für alle die vom Eigenheim träumen, aber gut für die Kassen der Länder. Denn über die Grunderwerbssteuer verdient der Staat an gestiegenen Preisen mit. Das ist in der aktuellen Situation nicht vermittelbar. Deshalb forderte Bundesfinanzminister Lindner zurecht die Absenkung des Steuersatzes auf Null. Dieser Vorschlag stieß aber erwartungsgemäß bei den Ländern nicht auf Gegenliebe. Obwohl dies ein zielgenaues und effektives Instrument wäre, um gerade junge Familien auf der Suche nach einem eigenen Zuhause zu unterstützen.

 

Hindernisse zum Eigentum abbauen

Gerade jetzt, wo die gesetzliche Rente immer mehr an Leistungsfähigkeit einbüßt, wird die die private Vorsorge für das Alter immer relevanter. In ein Eigenheim zu investieren ist dabei eine der sinnvollsten Vorsorgeformen zu der mehr Menschen sich befähigt fühlen sollten. Dass gerade das Gegenteil der Fall ist, sollte uns Sorgen bereiten und uns zum Handeln anregen. Häuser sind eben nicht nur ein Wohnraum und dieser breiten Bedeutung muss die Politik gerecht werden.

 

[1] Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen im 1. Halbjahr 2023 um 27,2 % gesunken - Statistisches Bundesamt (destatis.de)

[2] Wohneigentum-und-Altersvorsorge_270922.pdf

[3] Preisentwicklung für Bauland in Deutschland bis 2021 | Statista

[4] Häuserpreisindex für Deutschland bis 2022 | Statista