Anja Schulz

Ältere Arbeitnehmer gefragter denn je

Die Bekämpfung des Fachkräftemangels hat sich zu einer der größten Herausforderungen unserer Wirtschaft entwickelt. Die Bundesregierung will mit einem Maßnahmenpaket dagegen vorgehen. Besonders motivierte Ältere spielen hierbei eine Schlüsselrolle.

 

Der Fachkräftemangel in Deutschland hat sich im letzten Jahrzehnt zu einer der drängendsten Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft entwickelt. Die Auswirkungen sind weitreichend und betreffen nahezu alle Sektoren. Dieser Mangel an qualifizierten Arbeitskräften behindert nicht nur das Wirtschaftswachstum, sondern gefährdet auch die Innovationsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands auf dem globalen Markt.

Ursachen und Umfang des Fachkräftemangels

Der Fachkräftemangel hat mehrere Ursachen. Der wesentlichste Faktor ist jedoch die demografische Entwicklung. Die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer gehen nach und nach in Rente, während gleichzeitig die Geburtenrate in Deutschland seit Jahrzehnten relativ niedrig ist. Dies führt zu einem Ungleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt, bei dem immer weniger junge Menschen in den Arbeitsmarkt eintreten, während die Zahl der ausscheidenden Arbeitskräfte steigt. Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) wird die Zahl der potenziell Erwerbstätigen in Deutschland bis 2035 um rund 7 Millionen Menschen sinken, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden.

Folgen für die Wirtschaft

Der Fachkräftemangel führt dazu, dass viele Unternehmen Schwierigkeiten haben, offene Stellen zu besetzen. Dies bremst das Wachstum, da Unternehmen Projekte nicht umsetzen oder expandieren können, wie es geplant war. Laut einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) aus dem Jahr 2023 gaben 53 Prozent der befragten Unternehmen an, dass der Fachkräftemangel ihre Geschäftstätigkeit beeinträchtigt. Besonders betroffen sind Branchen wie das Handwerk, die Gesundheits- und Pflegebranche sowie die IT- und Technologiebranche.

Ein weiteres Problem ist die steigende Belastung der vorhandenen Mitarbeiter. Diese müssen oft Mehrarbeit leisten, um den Mangel an Kollegen auszugleichen, was zu einer Erhöhung der Krankheitsausfälle und einer sinkenden Produktivität führen kann. Langfristig kann dies auch zu einer höheren Fluktuation und einem Verlust von Know-how im Unternehmen führen.

Ältere Arbeitnehmer: Eine unverzichtbare Ressource

In diesem Kontext gewinnen ältere Arbeitnehmer zunehmend an Bedeutung. Sie verfügen über wertvolle Erfahrung und Fachwissen, das nicht ohne Weiteres durch jüngere Arbeitskräfte ersetzt werden kann. Studien zeigen, dass gemischte Teams aus jüngeren und älteren Arbeitnehmern oft produktiver und kreativer sind, da sie unterschiedliche Perspektiven und Kompetenzen einbringen.

Jedoch steht Deutschland vor dem Problem, dass viele dieser älteren Fachkräfte in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen werden. Dies verschärft den Fachkräftemangel weiter. Der Renteneintritt der Babyboomer-Generation bedeutet nicht nur den Verlust von Arbeitskräften, sondern auch von wertvollem Wissen und Erfahrung.

Erst kürzlich veröffentlichte die Rentenversicherung, dass aktuell 1,3 Mio. Ältere weiterhin einer Arbeit nachgehen. Ältere Arbeitnehmer sind oft sehr gut ausgebildet uns bringen einen großen Erfahrungsschatz mit, der bei den Unternehmen sehr gefragt ist. Viele Ältere wiederum schätzen ihr soziales Umfeld am Arbeitsplatz und übernehmen weiterhin gerne Verantwortung. Auch wenn sie eigentlich schon im Rentenalter sind. Wenn also beide Seiten davon profitieren, sollten wir diese Entwicklung fördern und nicht schlechtreden. Denn Zahlen des IAB belegen, dass finanzielle Motive hierbei eine untergeordnete Rolle spielen. Viel wichtigere Beweggründe sind Spaß an der Arbeit, Sinnstiftung und Kontakt zu anderen Menschen.

Pläne der Bundesregierung

Im Rahmen der Wirtschaftswende wollen wir die Arbeit über das Renteneintrittsalter hinaus noch attraktiver machen. Durch eine Rentenaufschubprämie soll es möglich werden, den Rentenbeginn zugunsten einer Beschäftigung zu verzögern. Beim tatsächlichen Renteneintritt wird die Gesamtsumme der aufgeschobenen Rentenzahlungen dann sozialabgaben- und steuerfrei ausgezahlt. Darüber hinaus sollen diejenigen, die sich bereits im Rentenbezug befinden, und trotzdem einer Arbeit nachgehen, die Beiträge ihres Arbeitgebers zur Rentenversicherung ausgezahlt bekommen. Diese wirken sich sowieso nicht mehr rentensteigernd aus, daher sollen sie den Arbeitnehmern direkt zugutekommen. Für diejenigen, die noch motiviert sind mit anzupacken, soll es sich auch richtig lohnen.

Das Renteneintrittsalter ist kein Ablaufdatum. Manch einer ist mit 75 Jahren noch topfit und motiviert, andere sehnen den Renteneintritt schon Jahre zuvor herbei. Jeder Mensch ist anders und diese Flexibilität soll die Politik der Bundesregierung widerspiegeln.