Bundesregierung legt Eckpunkte für Zukunfts-finanzierungsG vor
Nach der umfassenden Regierungsstrategie zur Förderung von Start-ups, haben Finanzminister Christian Lindner und Justizminister Marco Buschmann heute (d.h. am 29. Juni 2022) ein Eckpunktepapier zur Stärkung des deutschen Finanzstandorts vorgelegt.
Vor dem Hintergrund der enormen Investitionen, die es bei der digitalen und nachhaltigen Transformation zu stemmen gilt, wollen wir den deutschen Kapitalmarkt insgesamt attraktiver und wettbewerbsfähiger machen. Denn dieser kann unserer Volkswirtschaft als Finanzierungs- und Anlagevehikel viel Schwung verleihen. Im internationalen Vergleich herrscht hier enormer Aufholbedarf, wenngleich das ebenso viele Potenziale mit sich bringt.
Konkret soll Unternehmen, insbesondere Start-ups, Wachstumsunternehmen und kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), der Zugang zum Kapitalmarkt erleichtert werden. Daneben soll der Kapitalmarkt insgesamt digitaler ausgerichtet und die Aktienkultur in Deutschland stärker vorangetrieben werden. Entsprechend gliedert sich der Entwurf von BMF und BMJ aktuell in folgende Handlungsfelder:
- Erleichterung des Kapitalmarktzugangs für Unternehmen
- Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Gestaltung von Finanzinstrumenten
- Vorantreiben der Digitalisierung am Kapitalmarkt, insb. durch den Abbau von Schriftformerfordernissen
- Verbesserung der Möglichkeiten der Eigenkapitalgewinnung
- Stärkung der Aufsicht durch Überarbeitung von Aufsichtsgesetzen und Verbesserung der Rahmenbedingungen zur Kommunikation
- Förderung von Aktiensparen
- Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen für die Mitarbeiterkapital-beteiligung Fortführung des INVEST-Programms über das Jahr 2022 hinaus
Die im Papier genannten Stellschrauben können einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung der Leistungsfähigkeit des deutschen Kapitalmarkts leisten und zugleich die Attraktivität des deutschen Finanzstandorts – als bedeutenden Teil eines starken europäischen Finanzplatzes – erhöhen. Mit der geplanten Zulassung von Mehrstimmrechtsaktien beispielsweise, den sog. dual class shares, wollen wir mit den Entwicklungen in den USA und in Großbritannien mithalten. Die unterschiedliche Gewichtung der Stimmrechte ermöglicht es Gründerinnen und Gründern künftig auch nach dem Börsengang die Kontrolle und damit den Einfluss über das junge Unternehmen zu behalten. Zugleich bleibt dem Unternehmen das unternehmensspezifische Knowhow erhalten.
Durch Vehikel, wie das der Akquisitionszweckgesellschaft (im Englischen SPACs genannt), erhalten Start-ups die Chance, schnell und unkompliziert an die Börse gehen zu können. Auf dem Weg zu neuem Kapital spart dies – im Vergleich zu den Vorbereitungen beim klassischen Börsengang – wertvolle Zeit und Kosten. Aber auch die Absenkung des geforderten Mindestkapitals für einen Börsengang von bislang 1,25 Mio. Euro auf künftig 1 Mio. erleichtert den Kapitalmarktzugang für junge Unternehmen.
Der 2021 mit dem Fondsstandortgesetz (FoStoG) angestoßene Abbau von Schriftformerfordernissen soll weiter vorangetrieben werden. Denn digitale Lösungen können bei der Kommunikation zwischen Anlageanbietern (bspw. Fondsverwaltern), Aufsicht und Anlegern zu Kostenersparnissen führen, die letztlich auch den privaten Investoren zugutekommen.
Wichtige Impulse zur Stärkung der Aktienkultur erhoffe ich mir vom Freibetrag für Gewinne aus der Veräußerung von Aktien und von Aktienfondsanteilen. Diese Regelung zielt speziell auf Privatanlegerinnen und Privatanleger ab und leistet, zusammen mit den Freibetragserhöhungen für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen und vermögenswirksamen Leistungen in Vermögensbeteiligungen, einen wichtigen Beitrag zum Vermögensaufbau. Denn gerade in Zeiten anhaltender Inflation bieten mittel- bis langfristige Aktienanlagen die größte Aussicht auf Wertstabilität. Indem Aktiengewinne bis zu einer gewissen Höhe steuerfrei bleiben und Verluste aus derartigen Geschäften einfacher mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechnet werden können, wollen wir bestehende Hemmnisse für Privathaushalte abbauen. Mit der erwähnten Anhebung des Freibetrages für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen auf 5.000 Euro stoßen wir zudem zu internationalem Niveau auf, etwa zu Großbritannien, Ungarn oder Italien. Zugleich senken wir auch mit dieser Maßnahme die Hemmschwelle, sich mit Aktieninvestitionen zu beschäftigten.
Geplant ist, dass das Zukunftsfinanzierungsgesetz noch in der ersten Hälfte der Legislaturperiode in Kraft treten soll. Das vorliegende Papier dient nun der Debatte innerhalb der Regierung. Entsprechend gilt es jetzt in den Austausch zu gehen, damit wir die vorgestellten Maßnahmen zeitnah in der Ampel-Koalition umsetzten können.
Das Eckpunktepapier kann hier abgerufen werden: