Das Generationenkapital der GRV - was stimmt und was nicht
Das Generationenkapital kommt. Den Startschuss hat Christian Lindner vergangenen Freitag (13.01.23) bei einem Kick-off-Event des Bundesfinanzministeriums (BMF) gegeben. Damit beginnt der im Koalitionsvertrag angekündigte Einstieg in die Teilkapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV). Ziel ist die langfristige Stabilisierung des Rentenbeitragssatzes. Denn aufgrund des demografischen Wandels steht unser umlagefinanziertes Rentensystem auf wackeligen Beinen.
Leider halten sich seit Ankündigung des Vorhabens hartnäckig falsche Vorstellungen darüber, was das Generationenkapital eigentlich für unsere Rente bedeutet. Daher nachstehend die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was ist das Generationenkapital – und was nicht?
Das Generationenkapital ist ein aus öffentlichen Mitteln aufgebauter Kapitalstock. Dieses Geld wird von der neu zu gründenden öffentlich-rechtlichen Stiftung Generationenkapital verwaltet. Es soll global in Wertpapiere angelegt und die künftigen Erträge zu Stabilisierung der Rentenbeiträge in der Rentenversicherung genutzt werden.
Fließen dann auch Rentenbeiträge in das Generationenkapital?
Nein, vorerst nicht. Im Koalitionsvertrag haben wir klar festgehalten, dass das Generationenkapital aus öffentlichen Mitteln aufgebaut werden soll. Das können Zuschüsse aus dem Haushalt sein, Darlehen oder Sacheinlagen. Die Grundbefüllung erfolgt nun über einen Kredit des Bundes in Höhe von 10 Mrd. Euro. Dieser wurde mit dem Haushalt für 2023 beschlossen. Der individuelle Rentenversicherungsbeitrag von aktuell 18,6 Prozent des Bruttoeinkommens fließt weiterhin in die umlagefinanzierte Rentenkasse.
Spekuliert der Staat also mit Steuergeldern am Kapitalmarkt?
Nein. Der Staat nimmt einen Kredit am Kapitalmarkt auf. Das macht er, in dem er Staatsanleihen herausgibt. Da Deutschland nach wie vor als Stabilitätsanker in der Eurozone gilt, profitiert der Bund von seiner guten Kreditwürdigkeit, denn sie ermöglichen vorteilhafte Kreditkonditionen. Der Kreditbetrag wird dann der Stiftung zur Anlage im Fonds zu Verfügung gestellt. Die Idee: Das Stiftungsmanagement erwirtschaftet Erträge, die über dem Zinssatz liegen, zu dem sich der Bund das Geld geliehen hat. So werden die Zinsen des Kredites gezahlt und die Erträge fließt als Stütze in der Fonds für die Rentenversicherung.
Aber an den Märkten steigen die Zinsen allmählich wieder. Können wir da überhaupt noch kreditfinanziert Steuergelder anlegen?
Das Generationenkapital bietet die Möglichkeit nicht nur in das Wachstum unserer, sondern auch in das Wachstum anderer Volkswirtschaften zu investieren. Daher wird der Fonds weltweit anlegen dürfen. Dadurch partizipieren wir an den Wachstumsaussichten von Unternehmen in anderen Regionen und Ländern. Das spricht für entsprechende Renditen und damit für das Generationenkapital.
Der Blick auf die Renditen anderer Staatsfonds, etwa in Schweden oder in Norwegen zeigt, dass auch nach Abzug der Kreditkosten eine ordentliche Rendite übrig bleibt. So erzielte der schwedische AP7 Såfa bspw. einen durchschnittlichen Ertrag von 7,2 Prozent p.a. (nach Kosten im Zeitraum von 2002 bis 2018). Der norwegische Staatsfonds erzielte von Anfang 1998 bis Ende 2021 eine jährliche Rendite von 4,6 Prozent nach Kosten.
Ist eine Anlage am Kapitalmarkt nicht mit erheblichen Risiken verbunden?
Schwankende Kapitalmarktentwicklungen mit hohen Ausschlägen zeigen sich vor allem bei kurzfristigen Anlagehorizonten. Das ist nicht die Strategie, die beim Generationenkapital verfolgt wird. Hier ist nämlich eine global diversifizierte und langfristige Kapitalanlage vorgesehen, mit der derartige Risiken ausgeglichen werden sollen. Zudem soll die Mischung aus aktiver und passiver Anlagestrategie dabei helfen, auf unerwartete Marktentwicklungen agil reagieren zu können.
Fehlt das Geld nicht wo anders, wenn wir doch die Schuldenbremse einhalten wollen?
Die besagten 10 Mrd. Euro werden nicht auf die Einhaltung der Kreditgrenzen der Schuldenbremse angerechnet. Sie gelten als sog. finanzielle Transaktion (siehe § 3 Artikel 115-Gesetz) und verändern das Finanzvermögen das Bundes daher nicht. Für diese 10 Mrd. Euro wurde also nicht an anderer Stelle im Haushalt gespart.
Sollte man die 10 Mrd. Euro nicht wo anders anlegen?
Aufgrund des demografischen Wandels steht unser umlagefinanziertes Rentensystem auf wackeligen Beinen. Aktuell muss eine Arbeitnehmerin für 1,8 Rentner aufkommen. Prognosen sagen voraus, dass das Verhältnis bis 2030 auf 1,5 absinkt. Der Zuschuss des Bundes zur gesetzlichen Rente betrug im Jahr 2021 78,9 Mrd. Euro. Zusammen mit den Bundesbeteiligungen an der knappschaftlichen Rentenversicherung stammt also fast jeder vierter Euro aus Steuermitteln – Tendenz steigend (vgl. Rentenatlas 2022). Wo wenn nicht hier wird das Geld also mehr gebraucht?
Ist das Generationenkapital nicht der erste Schritt zur Ablösung des Umlagesystems?
Mit dem Generationenkapital wollen wir die umlagefinanzierte Rente nicht abschaffen, sondern stärken! Mit dem Einstieg in die Teilkapitaldeckung wird die erste Säule unseres Rentensystems auf einen weiteren Pfeiler gestellt. Das trägt langfristig dazu bei, dass wir Rentenbeitragssatz und Rentenniveau stabil halten können.