Anja Schulz

Die Hinzuverdienstgrenze fällt weg

Quelle: Unsplash
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Letzte Woche erst im Bundestag beschlossen, aber ab dem 1. Januar 2023 schon gültig: Die Hinzuverdienstgrenze für Frührentnerinnen und -rentner fällt weg. Sie dürfen von dort an unbegrenzt zu ihrer vorgezogenen Altersrente hinzuverdienen, ohne dass ihr Gehalt ihnen auf die Rente angerechnet wird. Kurzum: Sie werden für ihre Leistung nicht mehr finanziell abgestraft.

Mit dem Wegfall der Hinzuverdienstgrenzen ist auch eine Kernforderung der FDP Wirklichkeit geworden. Die Ermöglichung eines flexiblen Eintritts in den Ruhestand war uns immer ein großes Anliegen. Wer den Renteneintritt vorziehen möchte, aber trotzdem weiterhin mehr als einen Mini-job ausüben möchte, der soll frei darüber entscheiden dürfen, und nicht durch stattliche Richtlinien in eine Richtung gedrängt werden.

Zum Hintergrund: Bis zum Jahr 2020 durften die Frührentnerinnen und –rentner, also jene Menschen, die ihre Rente bereits vor dem regulären Renteneintrittsalter beziehen, lediglich 6.300€ jährlich aus Erwerbstätigkeit hinzuverdienen, ohne dass ihnen ihre Rente gekürzt wird. Das ließ kaum Raum für mehr als einen Mini-job, denn viele Menschen die noch motiviert wären zu arbeiten, wollen keine Rentenkürzungen durch Anrechnung in Kauf nehmen. Das ist auch verständlich, immerhin haben viele Frührentnerinnen und -rentner mit weniger als 45 Beitragsjahren auch bereits 0,3% Rentenabschläge pro vorgezogenen Monat hinnehmen müssen.
Im Zuge der Corona-Pandemie, hat man sich dazu entschieden, die Grenze auf 46.060€ anzuheben, um für ehemalige Pflegekräfte eine Rückkehr in den Beruf attraktiv zu gestalten. Ein richtiger und wichtiger Schritt.

Nun ist es aber kein Geheimnis, dass es neben dem  Gesundheitsbereich, auch viele andere Branchen gibt, in denen offenen Stellen nicht mehr besetzt werden können. Aktuellen Statistiken zufolge sind es bis zu zwei Millionen Jobs für die es keine passenden Kandidaten gibt. Es mangelt auch an Bewerbern für ungelernte Tätigkeiten, aber vor allem fehlen die Arbeitskräfte dort, wo eine Vorbildung nötig ist. Daher ist es wichtig, Ruheständlern, die gerne weiterhin dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen möchten, keine Steine in den Weg zu legen. Von ihrer jahrzehntelangen Erfahrung profitieren jüngere Kollegen, Unternehmen und die deutsche Wirtschaft.

Die Zeiten, in denen man älteren Arbeitnehmern den Ruhestand schmackhaft machen wollte, um freie Stellen für die Nachfolgegeneration zu schaffen, sind vorbei. Der demografische Wandel verlangt viele Veränderungen und ein großes Umdenken. Wir wollen die Menschen nicht entmutigen, länger in ihrem Beruf zu bleiben oder dorthin zurück zu kehren, wenn der vollständige Ruhestand doch nicht ihren Vorstellungen entspricht. Grundsätzlich können sich viele ältere Arbeitnehmer das auch gut vorstellen. Immerhin bedeutet Arbeit für viele nicht nur den Lebensunterhalt verdienen, sondern auch soziale Kontakte pflegen und einer Aufgabe nachzukommen. Diese Menschen müssen wir unterstützen, anstatt sie durch Hinzuverdienstgrenzen vom Arbeitsmarkt fernzuhalten.

Die Entlastung ist Gold wert für Menschen, die im Ruhestand merken, dass sie mit ihrer Energie noch nicht am Ende sind. Sie könnten sich zum Beispiel in einem ganz neuen Berufsfeld verwirklichen oder in Teilzeit in ihren alten Betrieb zurückkehren. Als Gegenargument dazu habe ich häufig gehört, dass es zu attraktiv werden würde, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen, um dann mit einem Nebenjob oder gar wieder Vollzeit dazuzuverdienen. Man würde so aktiv zum Missbrauch von Leistungen einladen. Dies ist eine Rhetorik, die ich entschieden zurückweise. Die Rente ist keine milde Gabe, sondern das Ergebnis von jahrzehntelang geleisteter Arbeit. Und der vorzeitige Renteneintritt wird ohnehin mit Rentenkürzungen von 0,3% pro Monat verrechnet. Das kann sich auf 14,4 % summieren, denn es ist möglich bis zu vier Jahre vor dem errechneten Regelrenteneintritt in den Ruhestand zu gehen. Es kann also wirklich nicht als attraktiv angesehen werden, vorzeitig in Rente zu gehen nur um dann Geld in einem Nebenjob dazu zu verdienen. Denn die Kürzung pro Monat bleibt dauerhaft bestehen. Außerdem wird das Gehalt weiterhin mit Rentenbeiträgen belegt, sodass für durch jeden beschäftigten Frührentner auch wieder Beiträge in die Rentenkasse zurückfließen.

Außerdem war die Grenze war bisher mit einem enormen bürokratischen Aufwand verbunden, der dazu führte, dass teilweise ein- bis zweistellige Eurobeträge zurückgefordert wurden. Der Aufwand stand in keinem Verhältnis zu den Einnahmen.

Die Abschaffung ist daher richtig und wichtig. Wir freuen uns, dass wir sie so schnell umsetzen konnten, und erwarten, dass ab nächstem Jahr viele Menschen dem Arbeitsmarkt wieder oder weiter zur Verfügung stehen wollen.