Kalte Progression – Ziel bleibt Tarif auf Rädern
Der Abbau der kalten Progression ist für uns Liberale seit jeher ein zentrales Anliegen. Er steht für Steuergerechtigkeit und Planungssicherheit. Er ist kein Akt staatlicher Großzügigkeit, sondern ein Gebot der Fairness. Aus diesem Grund setzen wir uns konsequent für den „Tarif auf Rädern“ ein. Statt jährlicher Debatten über den Abbau dieser schleichenden Steuererhöhung braucht es einen Automatismus, der den Steuertarif an die Inflation anpasst. Das entlastet die arbeitende Mitte spürbar und verzichtet auf unnötige Bürokratie.
Doch anstatt langfristig tragfähige Lösungen zu schaffen, greift die rot-grüne Minderheitsregierung das Thema nun in letzter Minute auf – allerdings nicht aus Überzeugung. In der Vergangenheit hatten SPD und Grüne wenig Interesse an einem echten Ausgleich der kalten Progression. Es war die FDP, die 2012 die regelmäßige Überprüfung der kalten Progression gesetzlich verankerte – nicht rot-grün.
Nun, kurz vor der Bundestagswahl, wird plötzlich für den Ausgleich der kalten Progression geworben. Dabei bleibt unerwähnt, dass dies vor allem dazu dient, zusätzliche Belastungen zu verschleiern und gleichzeitig unnötige Bürokratie zu schaffen.
Besonders deutlich werden diese Mehrbelastungen bei den Sozialabgaben: Zum 1.1.2025 steigen die Krankenkassen- und Pflegebeiträge – eine Entwicklung, die sich seit Langem abzeichnet. Steigende Lebenserwartung, medizinischer Fortschritt und anhaltend hohe Kosten im Gesundheitswesen belasten die Systeme erheblich. Da notwendige Strukturreformen in den vergangenen Jahren jedoch ausgeblieben sind, greift die Regierung jetzt zu einfachen Maßnahmen: Die Beiträge werden erhöht, ohne die eigentlichen Herausforderungen zu lösen.
Hinzu kommen zusätzliche bürokratische Lasten, die man versucht gesetzlich mit dem Abbau der kalten Progression zu verknüpfen.
Ein Beispiel: Die Einführung einer Mitteilungspflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen. Hier sollen Rechtsanwälte und Steuerberater dazu verpflichtet werden, völlig legale Steuergestaltungen an die Behörden zu melden. Das sorgt für enormen zusätzlichen Arbeitsaufwand bei Unternehmen und Verwaltung, liefert jedoch kaum einen Erkenntnisgewinn. Bereits im Wachstumschancengesetz war diese Maßnahme gestrichen worden – aus gutem Grund. Sie gehört nicht in ein Gesetz, dass das Steuersystem eigentlich fortentwickeln und für Entlastungen sorgen sollte. Zur Veranschaulichung: Wir sprechen hier von einem zusätzlichen Aufwand für die Wirtschaft von rund 4,6 Mio. Euro jährlich. Hinzu kommen einmalig 12 Mio. und jährlich 3,2 Mio. Euro Kosten für die Verwaltung.
Die FDP unterstützt den Abbau der kalten Progression uneingeschränkt, aber nicht auf diese Weise. Der Gesetzentwurf der rot-grünen Minderheitsregierung führt zu bürokratischer Überregulierung und konterkariert den eigentlichen Zweck – eine spürbare Entlastung der Menschen und der Wirtschaft.
Wenn es die Fußgängerampel mit dem Abbau der kalten Progression wirklich ernst meint, sollte sie den vorliegenden Gesetzentwurf auf das Wesentliche reduzieren: den mehrheitlich einvernehmlichen Teil zur Bekämpfung der kalten Progression und die Erhöhung des Kindergeldes. Bislang ist diese Absicht aber nicht erkennbar. Stattdessen wird das Vorhaben durch wahlkampftaktische Manöver belastet, die darauf abzielen, politische Angriffsflächen zu schaffen, anstatt echte Lösungen zu liefern. Das ist bedauerlich.
Nachtrag 13.12.24: In der Debatte über die kalte Progression ist mittlerweile eine Lösung gefunden worden. Insbesondere die von uns kritisierten bürokratischen Mehrbelastungen, die mit dem Gesetz verknüpft werden sollten, wurden gestrichen. Damit wurde einer der zentralen Kritikpunkte ausgeräumt und der Fokus liegt nun auf dem Kernanliegen: dem Abbau der kalten Progression und der Erhöhung des Kindergeldes. Die Einigung zeigt, dass sich konsequentes Eintreten für notwendige Veränderungen auszahlen. Der vorliegende Gesetzentwurf setzt damit wichtige Entlastungen für die arbeitende Mitte und Familien um – ein Erfolg, der ohne die klare Positionierung der FDP so nicht möglich gewesen wäre.