Anja Schulz

Können Sie sich noch dran erinnern, was Sie 2005 gemacht haben?

Können Sie sich noch dran erinnern, was Sie 2005 gemacht haben?

Schnappi, das kleine Krokodil war in den Charts, der VfL Bochum stieg aus der Bundesliga ab. Ich selbst ging noch auf das Wirtschaftsgymnasium und quälte mich durch meinen Leistungskurs in Betriebswirtschaft und am 22. November wurde Angela Merkel die erste Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland.
Spüren Sie auch, wie weit weg einem das vorkommt? Jetzt stellen Sie sich einmal vor, wie diese Zeit auf jüngere Menschen wirken muss. Jemand, der dieses Jahr volljährig wird, hat in seinem bewussten Leben noch nie eine andere Person an der Spitze unseres Landes erlebt, als Angela Merkel.
Ich finde dieser Gedanke verdeutlicht, was für eine Bedeutung der Regierungswechsel in diesem Jahr, vor allem für die jungen Menschen, hat. Wir haben neben allen anderen Gestaltungschancen, die eine Regierungsbeteiligung mit sich bringt, jetzt die Möglichkeit das Bild von Politik, den Stil mit dem Politik gemacht wird und seine Wirkung umfassend zu verändern.

Ich bin mir sicher, die Ära Merkel wird von Politologen in Zukunft als Phase der großen Kontinuität gewertet werden. Ein Urteil, dem ich mich durchaus anschließen würde. Kontinuität kann in gewissen Phasen eine wichtige Funktion innerhalb der Beziehung zwischen Staat und Gesellschaft erfüllen, doch die Zeiträume dieser Funktion sind begrenzt. Dieses Urteil darf aber nicht über die unglaublichen Leistungen hinwegtäuschen, die Angela Merkel in den letzten 16 Jahren erbracht hat. Trotzdem war im Falle unserer Gesellschaft ein Wechsel des politischen Modus längst überfällig. Diejenigen, die zu spät kommen, bestraft bekanntlich das Leben und Deutschland hat eine Menge aufzuholen.

Die Ampelkoalition kann sich, selbst wenn sie es wollte, den Luxus reiner Machterhaltungspolitik nicht leisten. Der Stapel an unerledigten Aufgaben ist über die letzten Jahre konsequent größer geworden. Ein Abriss der Themen zeigt, mit wie wenig Ambition regiert wurde. Die Rente muss dringender denn je reformiert werden, der Arbeitsmarkt und die Arbeitsbedingungen den Erfordernissen des 21. Jahrhunderts angepasst werden. Die Wirtschaft muss die Transformation in die sozial-ökologische Marktwirtschaft beginnen und die gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen müssen endlich vom Geist spießbürgerlicher Besitzstandswahrungsmentalität befreit werden.

Es ist gut, dass wir als Freie Demokraten Teil der neuen Regierung sind. Denn in all diesen Themen, sind wir bereits seit langer Zeit Antreiber und Vordenker. Nicht umsonst tragen, in allen oben genannten Themen, die Forderungen des Koalitionsvertrages eine deutliche, liberale Handschrift. Das Einzige, das uns nicht passieren darf, ist der Angst zu erliegen, dass zu viel Veränderung einer Gesellschaft nicht zuzumuten ist.
Das ist nicht nur ethisch falsch, wir würden damit auch zukünftige Generationen im Stich lassen, die darauf angewiesen sind, dass wir dieses Projekt – immerhin das größte Modernisierungsprojekt in der Geschichte dieser Republik – erfolgreich abschließen.

Mehr Fortschritt wagen, endlich loslegen, das muss weiterhin unser Leitgedanke sein. Vielleicht erinnern sich in 16 Jahren dann wieder junge Menschen zurück und denken daran, wie gestalterisch, effektvoll und und erfolgreich Politik sein kann. Das Gute an dieser Vorstellung ist, es liegt nicht in der Hand höherer Mächte sie Wirklichkeit werden zu lassen, sondern in unserer. Fangen wir an!