Anja Schulz

Warum die Renten steigen

Zum 1. Juli steigen die Renten wieder 4,39 Prozent im Westen und 5,86 Prozent im Osten. Nach der sehr kräftigen Rentenanpassung im letzten Jahr steht damit ab Juli ca. 21 Millionen Rentnerinnen und Rentnern erneut mehr Geld zur Verfügung. Das ist sehr erfreulich und damit Grund auch mal einen Blick auf die Hintergründe zu werfen, wie es zu so einer Rentenanpassung kommt.

Die Rentenpassung in diesem Jahr ist sogar historisch. Denn mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung wurden nun auch die Renten in Ost- und Westdeutschland angeglichen. Das heißt, die Rente unterscheidet ab diesem Jahr nicht mehr darüber, ob man in Celle oder in Cottbus wohnt. Der langwierige Prozess der Rentenangleichung ist damit nun sogar ein Jahr früher vollzogen als erwartet. Das ist ein großer Beitrag zur Einheit in unserem Land und ein Erfolg, der vor allem auf der sehr guten Lohnentwicklung in Ostdeutschland beruht. Was aber unsere Löhne mit den Renten zu tun haben, möchte ich im Folgenden ausführlich erklären.

 

Die Renten folgen den Löhnen

Die Rentenanpassung ist ein wichtiger Bestandteil des Rentensystems, der sicherstellen soll, dass Rentnerinnen und Rentner mit steigenden Lebenshaltungskosten Schritt halten können. Es gibt verschiedene Methoden, um die Renten regelmäßig anzupassen. In Deutschland hat man sich dazu entschieden, die Rentnerinnen und Rentner am wirtschaftlichen Wachstum des Landes zu beteiligen. Dieses zeichnet sich vor allem in der Lohnentwicklung ab. Die Renten werden also zum 1. Juli eines jeden Jahres an die Entwicklung der Löhne aus dem Vorjahr gekoppelt und steigen mit ihnen. Da die Löhne sich in Deutschland in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt haben, profitieren auch die Rentnerinnen und Rentner in Form einer großzügigen Rentenanpassung.
Nun kann aber durchaus auch der Fall eintreten, dass die Löhne sinken. Während der Corona-Pandemie hat hier vor allem die Verbreitung der Kurzarbeit dazu beigetragen, dass die Arbeitnehmerinnen du Arbeitnehmer im Schnitt weniger in der Tasche hatten. Auf die Rente hat dies allerdings keine negativen Auswirkungen. Denn Renten können nicht fallen. Sie bleiben höchsten auf demselben Niveau. Man spricht dann von der sog. Nullrunde. So sorgt die Rentengarantie dafür, dass es nicht zu Kürzungen kommt.

 

Die wichtige Rolle des Nachholfaktors

Um dennoch den Gleichklang von Lohn- und Rentenentwicklung wiederherzustellen, wird der Nachholfaktor genutzt. Für die Wiedereinführung dieses Instrumentes haben wir Freie Demokraten uns lange stark gemacht und konnten uns mit dieser Forderung auch durchsetzen. So sorgt der seit letztem Jahr reaktivierte Nachholfaktor dafür, dass die eigentlich im Vorjahr erforderliche Rentenkürzung, durch gesunkene Löhne, bei der nächsten Rentenerhöhung teilweise mit eingerechnet wird. Das sorgt dafür, dass die Renten den Löhnen nicht davonlaufen. Es trägt maßgeblich dazu bei, dass das Finanzierungsproblem der Rentenversicherung nicht weiter ausufert, wovon wiederum zukünftige Rentnerinnen und Rentner profitieren werden. Was die ältere Generation besser stellt, darf der Jüngeren nämlich nicht auf die Füße fallen. Die Reaktivierung des Nachholfaktors ist eine Maßnahme im Sinne der Generationengerechtigkeit.

Der Effekt des Nachholfaktors in der Rentenkasse ist beträchtlich, aber im Geldbeutel des durchschnittlichen Rentners wird er wohl eher nicht auffallen, da er sich im Promillebereich bewegt. So ist ein großes Rentenplus wie in diesem Jahr auch weiterhin möglich.

 

Warum eine Angleichung an die Inflation nicht immer sinnvoll ist

Da wir aber nun schon seit mehr als einem Jahr in Zeiten von außergewöhnlich hoher Inflation leben, häuft sich die Forderung danach, die Rentenanpassung an der Inflationsrate zu orientieren. Es gibt tatsächlich einige Länder, die ihre Rentenanpassungen nach dieser Methode vornehmen und sie z.B. am Verbraucherpreisindex orientieren.

In Deutschland hat man sich aktiv für die Anpassung an die Löhne, und damit an das Wirtschaftswachstum, entschieden. Denn dies ist für die Rentnerinnen und Rentnern profitabler. Aktuell leben wir in krisenbelasteten Zeiten, in denen sich die Inflation zu einer Hauptsorge der Bürgerinnen und Bürger entwickelt hat. Seit der Einführung des Euros bis zum Jahr 2020 waren die Inflationsraten allerdings immer sehr niedrig. Im Jahr 2015 z.B. lag die Inflationsrate bei 0,5 %, während die Löhne auf Grund der guten gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sehr ordentlich gestiegen sind. Darauf basierend sind die Renten im Jahr 2016 auch stark gestiegen, nämlich im Osten um fast 6 % und in den alten Bundesländern um 4,25 %. In den allermeisten Jahren sind die Löhne und somit auch die Renten stärker gestiegen als die Inflation.  Die aktuellen Krisenjahre bilden dabei eine Ausnahme, die wir nicht zum Anlass nehmen sollten, unser System zu ändern. Denn in den allermeisten Jahren wird die Anpassung an die Löhne dem Ziel, der gesellschaftlichen Beteiligung der Rentnerinnen und Rentner sowie der Haltung des Lebensstandards, gerechter.