Warum ist das Plenum eigentlich so leer?
Wenn mich jemand fragen würde, was eigentlich das tägliche Brot einer Abgeordneten im Bundestag ist, würde ich antworten: Ausschussarbeit. Im Dezember haben sich die Ausschüsse nach der Regierungsbildung konstituiert und die Fachgremien in Form der Ausschüsse ebenfalls. Die Ausschüsse bilden nicht nur eines der zeitintensivsten Arbeitsfelder und sind Hauptgrund dafür, dass während der Plenarsitzungen meist nur die Fachpolitiker im Saal anwesend sind, sondern in meinen Augen auch eine der wichtigsten Tätigkeiten, denen wir im Parlament nachgehen.
In welchen Ausschuss man kommt, entscheidet man nicht selbst. Allerdings darf man natürlich Wünsche äußern und es wird darauf geachtet, dass man über eine gewisse Expertise oder zumindest ein sichtbares Interesse im entsprechenden Arbeitsfeld verfügt. Ich selbst hatte das Glück, gleich in beide Wunschausschüsse entsandt zu werden. In Zukunft bin ich ordentliches Mitglied im Finanzausschuss und im Ausschuss für Arbeit und Soziales.
In den Ausschüssen selbst findet die eigentliche Arbeit unseres Parlamentes statt. Gesetzesvorlagen, Beschlussempfehlungen, Stellungnahmen haben hier ihren Ursprung. Um dabei so gut informiert wie möglich zu sein, gibt es die Möglichkeit Expert:innen einzuladen und sich mit ihnen auszutauschen, um möglichst viel Fachwissen in die Arbeit einfließen zu lassen. Dadurch haben die Parlamentarier die Möglichkeit sich bis ins kleinste Detail in ihre Themen einzuarbeiten.
Die Abgeordneten übernehmen in den Ausschüssen in der Regel spezielle Aufgaben. Da es aufgrund der Themenfülle nahezu unmöglich ist, sich in kurzer Zeit in alles zu 100% einzuarbeiten, gibt es beispielsweise Berichterstatter. Die Berichterstatter müssen inhaltlich fit zu ihrem Thema sein und die aktuellen Entwicklungen genau kennen, um sie in der Fraktion kurz und bündig weitergeben zu können und Fragen beantworten zu können. Im Ausschuss für Arbeit und Soziales bin ich zuständig für die Berichterstattung rund um das SGB VI, also allem was mit Rente und Altersvorsorge zu tun hat. Wer mich kennt, weiß, wie sehr mir das Thema enkelfitte Rente und Absicherung im Alter am Herzen liegen.
Auch im Finanzausschuss werde ich eine Rolle der Berichterstatterin übernehmen. Ergänzend zum anderen Ausschuss berichte ich hier zu den Themen berufliche und private Altersvorsorge. Vor allem im Hinblick auf deren Ausgestaltung bei der Besteuerung und Berücksichtigung als Altersvorsorgeaufwendungen. Meine Motivation hier eine Expertin zu werden ist enorm. Darüber hinaus berichte ich über die Kapitalmarktunion sowie Börsen und Wertpapierdienstleistungen. Außerdem über das Internationale Währungssystem und die europäische Währungspolitik.
Die Berichterstattung zu Einzelthemen ist deshalb so wichtig, weil es wie bereits beschrieben nahezu unmöglich ist, sich in alle Fachgebiete gleich tief einzuarbeiten. Schließlich sollen Gesetze am Ende auf Basis einer fachlichen, breiten Tiefe erarbeitet werden. Themenfremde Kolleg:innen in der Fraktion sind daher, wie ich selbst, auf die jeweiligen Berichterstatter angewiesen, um am Ende ihre Entscheidungen bei den Abstimmungen treffen zu können. Ein Stück weit müssen wir uns hier alle aufeinander verlassen können und das klappt auch.
Teilweise mögen die Themen für einige Menschen da draußen so spannend klingen wie Zähne putzen, aber ich bin mir der Wichtigkeit all dieser Punkte bewusst und freue mich wirklich sehr auf die Arbeit. Gespannt bin ich vor allem auf die Unterschiede zwischen den Ausschüssen. Denn im Finanzausschuss stellen wir mit Christian Lindner den Finanzminister, während der Bereich für Arbeit und Soziales von Hubertus Heil aus der SPD geführt wird.
Es ist für uns natürlich sehr wichtig auch dort unsere Ideen erfolgreich einbringen zu können. Selbstverständlich gibt es einen Koalitionsvertrag, in dem wir Freien Demokraten viele Punkte unserer Programmatik einbringen konnten, doch am Ende müssen diese Ideen nun in konkrete Gesetze gegossen werden. Da wir nicht die absolute Mehrheit haben, muss uns auch weiterhin klar sein, dass wir für unsere Ideen kämpfen müssen und Kompromisse eingehen müssen und werden. Das ist auch in Ordnung und richtig, denn es ist ein wichtiger und vitalisierender Teil der Demokratie. Nichtsdestotrotz ist Demokratie aber auch ein Ringen um die besten Lösungen und auch im Feld der Arbeits- und Sozialpolitik müssen sich die Freien Demokraten vor keiner Diskussion scheuen.
Auch wenn Ausschüsse unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagen, sollten wir die grundsätzliche Arbeit, die in den Ausschüssen erfolgt mitunter deutlicher kommunizieren. Denn so wichtig wie die Arbeit dort ist, so selten wird sie öffentlich wahrgenommen und gewürdigt. Stattdessen wird eher über ein leeres Plenum gewettert. Vielleicht hat der eine oder andere diese Erläuterungen zur Ausschussarbeit das nächste Mal im Hinterkopf, wenn er kurz davor ist über die „faulen“ Abgeordneten zu schimpfen. Dem Vorwurf, dass Politik ein reines Spiel der Selbstdarstellungen sei, kann so besser begegnet werden.